Es fällt mir - wieder einmal - nicht leicht diesen Brief zu beginnen. Bis heute habe ich jeden Brief zerknüllt und eine Weile gebraucht bis ich einen neuen beginnen konnte. Auch dieser Brief ist der sicherlich 5te Anlauf. Bevor ich anfange habe ich immer hundert Dinge, die ich dir gerne erzählen würde, aber wenn ich den Stift in die Hand genommen habe dann sind alle Worte wie weggeblasen. Ich würde dir gerne sagen, was ich heute erlebt habe. Ich würde dir gerne schreiben, wenn ich mich mit Mamma gestritten habe. Aber alles klingt so belanglos. Nichts scheint würdig genug um darüber zu reden. Dann habe ich darüber nachgedacht davon zu berichten, wie ich mich fühle, wie es mir als das was ich bin so ergeht, ich würde gerne darüber reden was für Probleme mein Dasein mit sich bringt, dass ich mich einsam fühle und dass ich häufig mit mir selbst überfordert bin, aber ich möchte nicht jammern. Ich möchte mich nicht beim ersten Wort, das mein Vater von mir liest, über sein Erbe beschweren. Dennoch wächst in mir das Bedürfnis mit jemandem darüber zu reden. Ich habe niemanden, dem ich Fragen stellen kann. Bei dem ich mich erkundigen kann, ob das was ich tue so richtig ist. Viele Dinge sind immer noch neu für mich und so ungewohnt und ich könnte wirklich an manchen Tagen Hilfe oder Unterstützung gebrauchen.
Nun, was ich eigentlich wirklich erzählen möchte ist, dass ich mich nicht nach einem Lehrer, sondern nach einem Vater sehen. Jemandem, der mich in den Arm nimmt, und der nicht Mamma ist. Natürlich, ich liebe sie. So wie du sie hoffentlich auch einmal geliebt hast, aber dennoch wünsche ich mir einen Vater, der mich beschützt. Einen Vater, der mich hält und mir sagt, dass er mich liebt, weil ich seine Tochter bin. Der stolz auf mich ist. Der sich freut, dass ich seine Tochter bin.
Nunja, wir werden sehen, ob ich überhaupt jemals erfahren werde, wer du bist. Wir werden sehen, ob ich dir diesen Brief je zeigen, oder ihn gleich zu den Anderen in den Müll befördern werde.